Verkehrsrecht
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In all diesen Problembereichen sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Hierfür stehe ich als Fachanwalt für Verkehrsrecht gerne zur Verfügung.:
Zum Thema Verkehrsrecht
- Anscheinsbeweis für Ursächlichkeit: Vermeidbarkeit im nüchternen Zustand spricht gegen alkoholisierten Unfallverursacher
- Geöffnete Autotür: Wann beim Passieren mindestens 1 m Seitenabstand eingehalten werden muss
- Kein abhilfebedürftiger Zustand: Kein Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten bei 5 cm tiefem Schlagloch
- Sturmbedingter Baumfall: Kein Anscheinsbeweis für Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
- Zwei einmonatige Fahrverbote: Zwei Abstandsverstöße in sechs Wochen sprechen für beharrliche Delinquenz des Betroffenen
In diesem Fall haben sich beide Verkehrsteilnehmer nicht korrekt verhalten. Nachdem die erste Instanz daher urteilte, dass beide Parteien für die Folgen hälftig zu haften haben, musste sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) erneut mit der Sache befassen und bewerten, ob es sich hierbei um eine Verkehrslage gehandelt haben könnte, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können.
Die Klägerin nimmt den Beklagten unter anderem auf Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall in Anspruch. Der Beklagte fuhr innerorts mit seinem Fahrzeug alkoholisiert mit 0,96 ‰. Die Klägerin überquerte mit weiteren vier Personen die vom Beklagten befahrene Straße. Noch bevor die Klägerin eine Verkehrsinsel erreichte, wurde sie vom Fahrzeug des Beklagten erfasst, in die Höhe geschleudert und erlitt diverse schwere Verletzungen. Erstinstanzlich wurde eine Haftungsquote von 50/50 festgelegt.
Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG teilweise Erfolg: Der Senat entschied auf eine Haftungsquote von 75/25 zugunsten der Klägerin. Der Beklagte habe gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen und nicht gebremst, obwohl das Betreten der Fahrbahn durch die Klägerin dies erforderte. Der erheblich alkoholisierte Beklagte habe nicht auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Klägerin vertrauen dürfen, da die Klägerin für ihn ersichtlich entgegen ihrer Verpflichtung, den Fahrzeugverkehr zu beachten, die Straße überquerte. Der Beklagte habe zudem die entscheidende Ursache für den Unfall gesetzt. Es sei davon auszugehen, dass ihm der Verkehrsverstoß unterlaufen sei, da er alkoholisiert gewesen sei. Insoweit spreche ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit in der Trunkenheit, wenn der Unfall sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können. Angesichts der freien Sicht für den Beklagten bestand somit hier kein Zweifel, dass "ein nüchterner Fahrer die Gruppe um die Klägerin wahrgenommen und rechtzeitig gebremst hätte". Dennoch musste sich die Klägerin ein Mitverschulden in Höhe von 25 % anrechnen lassen, da der Beklagte für sie erkennbar gewesen sei, als sie die Fahrbahn betreten habe.
Hinweis: Das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand ist als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen. Bei der Haftungsabwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge nach § 17 Straßenverkehrsgesetz bleibt die alkoholische Beeinflussung eines Unfallbeteiligten nur dann außer Betracht, wenn feststeht, dass sie sich nicht unfallursächlich ausgewirkt hat.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 25.01.2024 - 26 U 11/23
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 04/2024)
Normalerweise gilt für Autofahrer beim Passieren eines parkenden Fahrzeugs, dass ein Mindestabstand von rund einem halben Meter eingehalten werden muss. Dass man sich darauf nicht stützen kann, wenn sich am geparkten Fahrzeug offensichtlich etwas tut, zeigt der folgende Fall, der in zweiter Instanz vor dem Landgericht Saarbrücken (LG) landete.
Die Frage, die das LG zu klären hatte: Wiegt die Gefährdung des Verkehrs durch eine geöffnete Autotür genauso schwer wie die offensichtliche Unterschreitung des geboteten Abstands des passierenden Fahrzeugs? Die Autotür überlebte die betreffende Begegnung nämlich nicht. Denn der Autofahrer kollidierte mit der geöffneten Fahrzeugtür des am Straßenrand geparkten Pkw. Dessen Halter hatte die hintere Tür auf der Fahrerseite offengelassen, um das Auto zu beladen. Er verlangte dann als Kläger Schadensersatz vom Halter des vorbeifahrenden Fahrzeugs. Das in erster Instanz zuständige Amtsgericht sah das Verschulden beider Fahrer hier jedoch als gleichwertig an und verteilte die Schuld daher hälftig. Dagegen legte der Kläger jedoch Berufung ein - er bekam in der zweiten Instanz Recht.
Das LG urteilte, dass dem Kläger voller Schadensersatz zustehe. Zwar habe er durchaus gegen die Pflicht verstoßen, sich beim Ein- und Aussteigen so zu verhalten, dass keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer besteht. Der schwerer wiegende Teil traf jedoch den vorbeifahrenden Autofahrer. Diesem sei vorzuwerfen, keinen ausreichenden Abstand zu dem parkenden Auto eingehalten zu haben. Grundsätzlich reiche zwar ein Seitenabstand von rund 50 cm zu einem geparkten Auto aus. Stehe aber auf dem Seitenstreifen ein Auto mit geöffneter Fahrzeugtür, müsse man damit rechnen, dass die Tür noch weiter geöffnet werde. Und dann reiche beim Vorbeifahren ein Abstand von unter 1 m nicht aus. Das Gleiche gelte, wenn eine Person an der geöffneten Tür erkennbar sei - etwa beim Aussteigen oder wie hier beim Beladen des Fahrzeugs.
Hinweis: Das Verschulden des Vorbeifahrenden überwiegt in diesem Fall. Daher haftet er trotz des beiderseitigen Verkehrsverstoßes allein für den Unfallschaden. Es war von Weitem erkennbar, dass die Autotür geöffnet war. Der parkende Autofahrer habe darauf vertrauen dürfen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer darauf einstellen.
Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 10.11.2023 - 3 S 8/23
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Details der Verkehrssicherungspflicht müssen immer wieder gerichtlich dargelegt werden. Denn nicht immer können andere verantwortlich gemacht werden, sobald man einen Schaden erleidet. So mussten im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) die sogenannte gebotene Aufmerksamkeit und Vorsicht einbezogen werden, die von einem Motorradfahrer auf einer Bundesstraße erwartet werden darf.
Der Biker befuhr eine Bundesstraße und geriet mit seiner Maschine dabei in ein Schlagloch, das dessen Vorderrad beschädigte. Die Reparaturkosten beliefen sich auf ca. 2.100 EUR netto. Das Schlagloch, das sich mittig auf dem rechten Fahrstreifen befand, wies nach Auffassung des Klägers ein Ausmaß von 5 bis 8 cm Tiefe auf. Der Mann verlangte daraufhin Schadensersatz wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Straßenbaulastträger, der sich im Bereich der Bundesstraße für die Reparaturpflicht verantwortlich zeichnete.
Das OLG hielt die Klage jedoch für unbegründet. Schon nach den eigenen Darlegungen des Klägers lag kein verkehrswidriger Zustand vor, der ein unmittelbares Tätigwerden der beklagten Gemeinde erfordert hätte. Ein Schlagloch von - unterstellt - allenfalls 5 bis 8 cm genügt hierfür für sich genommen nicht. Und auch die geschätzte Spanne statt einer auf einer Messung basierenden Angabe sprach nicht für eine fundierte Argumentation. Für die Bewertung konnte daher lediglich eine Tiefe von 5 cm angenommen werden. Zur weiteren Beschaffenheit und Ausdehnung des Schlaglochs konnte der Kläger ebenfalls nichts vortragen. Zugrunde zu legen sind deshalb die Ausführungen der Beklagten, wonach das Schlagloch ausgemessen ca. 30 × 16 cm groß und 4 cm tief gewesen sei. Eine Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers in Form einer Reparaturpflicht besteht ohne Hinzutreten weiterer Umstände bei einem Schlagloch in der Straße aber erst, wenn es auf einer verkehrswichtigen Straße eine Tiefe von mindestens 15 cm aufweist. Zumindest liegt ein abhilfebedürftiger Zustand nicht schon bei einer Tiefe von 5 bis 8 cm vor. Mit derartigen Schlaglöchern muss auch auf vielbefahrenen und verkehrswichtigen Straßen in Schleswig-Holstein gerechnet werden.
Hinweis: Zu berücksichtigen war zudem, dass das Schlagloch ausweislich der vom Kläger eingereichten Lichtbilder mittig auf der Fahrbahn und somit gut zu erkennen war. Der Kläger hätte bei gebotener Aufmerksamkeit, einem ausreichenden Abstand und einer angepassten Geschwindigkeit das Schlagloch rechtzeitig erkennen und ausweichen können. Zudem gilt auch für Motorradfahrer das Rechtsfahrgebot (gem. § 2 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung).
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 14.11.2023 - 7 U 114/23
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Die folgende Fallkonstellation wird sich angesichts der sich ändernden klimatischen Bedingungen wohl in ähnlicher Weise künftig häufen. Denn hier landete während eines Unwetters ein Baum auf einem geparkten Auto, das glücklicherweise unbesetzt war. Das Amtsgericht München (AG) musste bewerten, inwieweit dieser Vorfall in Zusammenhang mit der Baumpflege und der Verkehrssicherungspflicht gesetzt werden konnte.
Die Klägerin hatte ihren Pkw auf einer öffentlichen Straße gegenüber dem Parkhaus geparkt, für das die Beklagte die Verkehrssicherungspflicht und die Baumpflege übernommen hatte. Ein auf dem Gelände des Parkhauses stehender Laubbaum stürzte während eines Unwetters um und fiel mit der Krone auf den Pkw der Klägerin. Die Klägerin war nun der Auffassung, die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auf die Baumpflege verletzt, da für sie feststand, dass der Baum eine Vorschädigung gehabt haben müsse, um dem Sturm derart erst zum Opfer zu fallen und in der Folge auf ihr Auto.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin war es nicht gelungen, nachzuweisen, dass die Beklagte ihre - durchaus bestehende - Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des gefallenen Baums verletzt habe. Sie konnte dabei aber keinerlei Anhaltspunkte dafür vortragen, dass der Baum vorgeschädigt war und die Beklagte dies hätte erkennen müssen. Beides sei jedoch für eine Haftung der Beklagten erforderlich. Die vorgelegten Lichtbilder zeigten die Überreste des Baums lediglich aus der Entfernung - Schäden oder Krankheitszeichen waren darauf nicht erkennbar. Es war nicht einmal bekannt, ob der Baum abgebrochen sei oder gar entwurzelt wurde. Die Beklagte konnte ihrerseits jedoch nachweisen, dass die auf dem Gelände des Parkhauses stehenden Bäume regelmäßig durch Mitarbeiter kontrolliert, gewässert und geschnitten wurden. Doch auch, wenn man diese Pflege nicht für ausreichend erachten würde: Eine Haftung der Beklagten käme trotzdem nicht in Betracht. Selbst wenn die Bäume gar nicht kontrolliert worden wären, wäre dies für das Schadensereignis nur kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw. der Schädigung des Baums hätte führen können. Denn auch ein gesunder Baum kann bei einem Unwetter abbrechen oder entwurzelt werden.
Hinweis: Dem Geschädigten obliegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht nur der Nachweis für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht an sich, sondern auch der Nachweis, dass bei zumutbarer Überwachung der Bäume ihre Schädigung entdeckt worden wäre. Weder besteht ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass ein bei Unwetter umfallender Baum vorgeschädigt sein muss, noch sieht das Gesetz eine Gefährdungshaftung für Bäume vor. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die abstrakte Baumgefahr als naturbedingt hinzunehmen.
Quelle: AG München, Urt. v. 19.07.2023 - 113 C 18489/22
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(aus: Ausgabe 04/2024)
Warum der Pkw-Fahrer im folgenden Fall zweimal innerhalb kürzester Zeit denselben Verstoß begangen hat, kann nur gemutmaßt werden. Fest allerdings steht, dass das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) nicht davon absehen wollte, für den erneuten gleichgelagerten Verstoß innerhalb kürzester Zeit auch zum zweiten Mal ein Fahrverbot zu verhängen. Dass der Mann mit einem Urteil für beide Verstöße billiger weggekommen wäre, blieb hierbei allein seine Vermutung.
Ein Autofahrer hatte den Mindestabstand zum Vorausfahrenden unterschritten, wurde dabei erwischt und kassierte dafür ein Fahrverbot von einem Monat. Der Blitz schlägt nicht zweimal an derselben Stelle ein, dachte sich der Mann vielleicht und befuhr den betreffenden Straßenabschnitt sechs Wochen später erneut mit einem zu geringen Abstand zum nächsten Fahrzeug - laut Feststellungen des AG mit weniger als 3/10 des halben Tachowerts. Nachdem das erste Fahrverbot durch den Betroffenen zum Zeitpunkt der nun durchgeführten Hauptverhandlung bereits vollständig verbüßt war, traf man sich nun vor dem AG wieder, das gegen den Betroffenen wegen der Abstandsunterschreitung ein Bußgeld nebst einem weiteren einmonatigen Fahrverbot verhängt hatte. Das wollte der Betroffene so nicht hinnehmen. Schließlich habe er gerade eine derartige Strafe verbüßt, und er fühlte sich durch die getrennte Ahndung der beiden Verstöße benachteiligt. Wären beide zusammen verhandelt worden, wäre schließlich nur eine Aburteilung erfolgt.
Dass der Betroffene in der Zwischenzeit bis zur Verhandlung bereits ein Fahrverbot wegen einer kurz zuvor an derselben Stelle begangenen Abstandsunterschreitung verbüßt hatte, war in Augen des AG jedoch kein ausreichender Grund, von dem weiteren Fahrverbot abzusehen. Das Fahrverbot solle schließlich als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme für den jeweiligen Verkehrsverstoß auf den Betroffenen spezialpräventiv wirken. Diese Funktion werde unterlaufen, wenn nun von dem Fahrverbot abgesehen werde. Laut Gericht entstand dem Betroffenen auch kein Nachteil - insbesondere, weil hier ein zweimonatiges Fahrverbot tat- und schuldangemessen gewesen wäre.
Hinweis: Der Betroffene wurde durch die getrennte Ahndung der beiden Verkehrsverstöße auch nicht schlechter gestellt, als wären beide Taten in einem Gerichtstermin verhandelt worden. Zwar hätte bei einer gemeinsamen Aburteilung der beiden Verstöße nur ein Fahrverbot festgesetzt werden können. Wegen der besonders beharrlichen Delinquenz des Betroffenen - zwei Abstandsunterschreitungen innerhalb von sechs Wochen - wäre jedoch auch dann ein zweimonatiges Fahrverbot angemessen gewesen.
Quelle: AG Frankfurt am Main, Urt. v. 17.11.2023 - 971 OWi 916 Js 59363/23
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 04/2024)