Verkehrsrecht
Wir vertreten Sie im Verkehrsrecht:
Autokauf
Probleme bei dem An- oder Verkauf eines Pkws mit dem Vertragspartner?
Geschwindigkeitsverstöße, Abstand unterschritten,
rote Ampel, etc.?
Ihnen wird zur Last gelegt, eine Geschwindigkeitsüberschreitung oder einen anderen Bußgeld bewährten Verstoß begangen zu haben?
Verkehrsunfallabwicklung
Sie hatten einen Verkehrsunfall?
Fahrerlaubnis entzogen/droht eine MPU?
Es gibt Probleme mit Ihrem Führerschein?
In all diesen Problembereichen sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Hierfür stehe ich als Fachanwalt für Verkehrsrecht gerne zur Verfügung.:
Zum Thema Verkehrsrecht
- Betriebsschaden: Ohne äußeren Einfluss geplatzter Reifen ist kein versicherter Unfall in der Vollkaskoversicherung
- Finger weg! Benutzung des Touchdisplay einer E-Zigarette fällt auch unter das "Handyverbot"
- Keine Job- oder Existenzbedrohung: Arzttätigkeit rechtfertigt allein kein Absehen vom Fahrverbot nach Geschwindigkeitsüberschreitung
- Nicht unabwendbarer Unfall: Mithaftung trotz Rotlichtverstoßes des Unfallgegners
- Überholverbot außer Kraft: Linksabbiegender haftet nach Kollision mit Einsatzfahrzeug unter Vollalarm
Wozu hat man denn eine Vollkasko, wenn ein geplatzter Reifen nicht zu den versicherten Schäden gehört? Die Antwort auf diese erst einmal logisch erscheinende Entrüstung hatte das Oberlandesgericht Dresden (OLG), und die Logik ebendieser Antwort war nicht von der Hand zu weisen. Lesen Sie selbst.
Der hier klagende Autofahrer war mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn unterwegs, als ein Reifen platzte. Der Wagen verunfallte schwer. Als der Fahrzeughalter den Schaden bei seiner Vollkaskoversicherung geltend machte, verweigerte diese die Zahlung. Nach den Versicherungsbedingungen sei schließlich nur ein Unfallereignis versichert - hier aber sei lediglich ein vorgeschädigter Reifen geplatzt, nach den vorliegenden Informationen ohne äußerlichen mechanischen Einfluss. Daher handelte es sich auch nicht um ein versichertes Ereignis.
Das OLG gab der Versicherung recht. Nach den Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen konnte nicht bewiesen werden, dass der Kläger einen auf der Fahrbahn liegenden Gegenstand überfahren hatte, bevor der Reifen platzte. Es war ebenso möglich, dass schon das Überfahren einer Fahrbahnunebenheit, mit der im normalen Fahrbetrieb zu rechnen ist - wie eine Dehnungsfuge oder eine Bodenwelle -, das Platzen des vorgeschädigten Reifens herbeigeführt habe. Der Sachverständige konnte im Ergebnis nicht feststellen, dass die Ursache für den Schaden das Überfahren eines Gegenstands oder eine Fahrbahnunebenheit war. Dies geht zu Lasten des beweisbelasteten Klägers, denn das Überfahren einer Fahrbahnunebenheit ist kein von außen einwirkendes Ereignis. Schäden, die durch Ereignisse und Umstände hervorgerufen werden, in denen sich Gefahren verwirklichen, denen das Fahrzeug im Rahmen seiner vorgesehenen konkreten Verwendung üblicherweise ausgesetzt ist, sind Betriebsschäden und nicht versichert. Die Versicherung hat daher zu Recht die Zahlung verweigert.
Hinweis: Für die Annahme eines Unfalls ist eine Einwirkung "von außen" notwendig und dass der Gegenstand, von dem die auf das versicherte Fahrzeug wirkende mechanische Gewalt ausgehen muss, nicht Teil des Fahrzeugs selbst ist.
Quelle: OLG Dresden, Beschl. v. 11.06.2025 - 4 U 88/25
| zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 12/2025)
Was einst als "Handyverbot" gestartet ist, umfasst mittlerweile immer mehr Geräte, die am Steuer um unsere Aufmerksamkeit ringen. Und man darf gewiss sein, dass sich künftig noch mehr technische "Helferlein" um unser Interesse reißen werden. Deshalb gilt prinzipiell: Hände ans Lenkrad, Blick und Konzentration auf die Fahrsituation! Sonst findet man sich vor Gericht wieder, so wie in diesem Fall vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG).
Ein Mann war im März 2024 auf einer Autobahn von zwei Polizeibeamten dabei beobachtet worden, wie er am Steuer seines fahrenden Autos Tippbewegungen auf einem Gerät vornahm. Die Beamten gingen dabei von der naheliegenden Nutzung eines Mobiltelefons aus. Die Stadt Siegburg verhängte gegen den Autofahrer deshalb eine Geldbuße über 150 EUR. Der Einspruch des Betroffenen hatte vor dem Siegburger Amtsgericht im Ergebnis keinen Erfolg. In der Beweisaufnahme stellte sich aber heraus, dass der Autofahrer kein Handy benutzt, sondern den Stärkegrad seiner E-Zigarette auf deren Touchdisplay geändert hatte.
Die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde des Autofahrers hatte in der Sache dennoch keinen Erfolg. Das Tippen auf dem Touchdisplay einer E-Zigarette zur Veränderung ihres Stärkegrads verstößt ebenfalls gegen das Verbot der Nutzung elektronischer Geräte durch Fahrzeugführende. Eine E-Zigarette mit Touchdisplay ist ein Gerät mit "Berührungsbildschirm" im Sinne der einschlägigen Vorschrift, die das sogenannte Handyverbot regelt. Zudem hält eine E-Zigarette auch weitere Informationen bereit, sobald die veränderte Dampfstärke auf einem Touchdisplay angezeigt wird. Zwar bestehe der Zweck einer E-Zigarette in erster Linie in der Produktion von Dämpfen zum Einatmen. Die Regelung der Dampfstärke über ein Touchdisplay stelle aber eine Hilfsfunktion dar, die ihre Hauptfunktion unterstützt. Ihre Bedienung begründe auch ein erhebliches Ablenkungspotential für den Fahrzeugführer, das sich nicht von der Veränderung der Lautstärke eines Mobiltelefons unterscheidet. Daher liegt in der Einstellung der Dampfstärke über das Touchdisplay ein verbotswidriges Benutzen.
Hinweis: Unter das Handyverbot fallen alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen und dafür in der Hand gehalten werden, wie Mobiltelefone, Smartphones, Tablets und Navigationsgeräte. Auch andere Geräte, die diese Funktionen haben können - wie elektronische Terminplaner, E-Book-Reader, Laptops, Smartwatches, Videorekorder und Audiorekorder - sind eingeschlossen.
Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 25.09.2025 - III-1 ORbs 139/25
| zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 12/2025)
Wer bei einer Bleifußfahrt erwischt wird, hat oft am meisten Angst vor einem Fahrverbot. Zu Recht, wie der folgende Fall des Bayerischen Oberlandesgerichts (BayObLG) beweist. Denn was alle Arbeitnehmer betrifft, die auf ihren fahrbaren Untersatz angewiesen sind, gilt eben auch prinzipiell für alle. Wann ein gegebener Ermessensspielraum ausgereizt werden darf, um die Sanktionen zu mindern - und wann eben nicht -, lesen Sie hier.
Ein Autofahrer wurde mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 46 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften gemessen. Gegen ihn erging ein Bußgeldbescheid in Höhe von 320 EUR und ein einmonatiges Fahrverbot. Dem Umstand, dass der Betroffene gegen die Verhängung des Fahrverbots Einspruch einlegte, verdanken wir die Tatsache, dass der Fall hier Erwähnung findet. Und siehe da: Das Amtsgericht gab dem Einspruch auch statt. Denn der Mann hatte argumentiert, dass er als Arzt mit besonderen Verpflichtungen auf den Führerschein angewiesen sei und mit dem Fahrverbot daher eine unzumutbare Härte vorliege. "Nö", meinte die Staatsanwaltschaft und legte Rechtsbeschwerde ein.
Das BayObLG gab der Rechtsbeschwerde statt. Allein die Tatsache, dass der Betroffene als Weiterbildungsassistent in einer Hausarztpraxis zu Besuchen in Pflegeheimen, Hausbesuchen und auch Diensten im Krankenhaus verpflichtet sei, genüge für die Annahme eines Härtefalls nicht. Dazu müsse eine erhebliche Beeinträchtigung seiner beruflichen Pflichten oder gar eine Gefährdung der medizinischen Versorgung seiner Patienten nachgewiesen sein. Hier sei aber anzunehmen, dass die Folgen des Fahrverbots durch organisatorische Maßnahmen - mit gelegentlichen Taxifahrten oder einem Aushilfsfahrer - zu überbrücken seien. Schließlich seien viele Arbeitnehmer dringend auf ihr Fahrzeug angewiesen, diese Tatsache reiche allein nicht aus, um die Folgen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu mindern. Eine Existenzbedrohung sei angesichts des Einkommens des Betroffenen (hier: 6.500 EUR brutto) ebenfalls nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht zu berücksichtigen, dass ein Augenblicksversagen zu dem Verstoß geführt hat, da an der entsprechenden Stelle ein sogenannter Geschwindigkeitstrichter vorhanden war, der die zulässige streckenbezogene Höchstgeschwindigkeit schrittweise in Etappen auf den Zielwert herab begrenzt. Es war also nicht anzunehmen, dass gleich mehrere Schilder nicht wahrgenommen wurden.
Hinweis: Ein Fahrverbot ist in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen nicht ausnahmslos zu verhängen. Vielmehr steht dem Tatrichter (in Bußgeldsachen dem Amtsrichter) ein Ermessensspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen. Seine Entscheidung kann vom Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur daraufhin überprüft werden, ob er sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat.
Quelle: BayObLG, Beschl. v. 12.05.2025 - 202 ObOWi 262/25
| zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 12/2025)
Wer durch einen Rotlichtverstoß einen Unfall verursacht, ist doch wohl zu 100 % daran schuld, oder etwa nicht? Der Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) zeigt, dass sich die mutmaßlich unschuldig Geschädigten nicht zu schnell zurücklehnen sollten. Denn wie immer zahlen auch beim Offensichtlichen die Gesamtumstände ein, die hier selbst die Vorinstanz nicht gänzlich erfasst hatte.
Der Kläger fuhr mit dem Pkw seines Vaters innerorts in südliche Fahrtrichtung, der Beklagte kam ihm mit einem Linienbus aus nördlicher Richtung entgegen. Der Kläger ordnete sich im Kreuzungsbereich auf der Linksabbiegerspur hinter vier weiteren Fahrzeugen ein und fuhr nach dem Umschalten des Linksabbiegerpfeils auf Grün als fünftes und letztes Fahrzeug in die Kreuzung ein, um zu wenden. Der ihm entgegenkommende Beklagte kollidierte mit seinem Bus bei seiner Geradeausfahrt mit dem Fahrzeug des Klägers. Das Frankfurter Landgericht (LG) hatte der Schadensersatzklage bei Annahme einer alleinigen Haftung des Beklagten überwiegend stattgegeben. Doch das ließ der Busfahrer nicht auf sich sitzen, so dass die Sache vor dem OLG landete.
Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG entschieden, dass auch den Kläger eine Mithaftung trifft - und zwar in Höhe von 1/5. Somit greift zu Lasten des beklagten Busfahrers eine Haftung von 4/5. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war davon auszugehen, dass der Unfall für keinen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis gewesen sei. Zu Lasten des Beklagten ging, dass die Ampel für den Bus unmittelbar vor der Kollision bereits seit mindestens 22 Sekunden Rot gezeigt hatte. Dass eine Fehlschaltung in Form eines sogenannten "feindlichen Grüns" (beispielsweise bei einem Defekt der Ampelanlage) vorgelegen hat, war auszuschließen. Darüber hinaus musste berücksichtigt werden, dass der Busfahrer mit 58 km/h - und damit mit leicht überhöhter Geschwindigkeit - gefahren war. Zu Lasten des Klägers sprach hingegen, dass dieser sich ungewöhnlich lange im Kreuzungsbereich aufgehalten hatte. Er beabsichtigte, unter Nutzung der Linksabbiegespur ein Wendemanöver durchzuführen. Dadurch habe er sich infolge der geringeren Geschwindigkeit länger (9 Sekunden) als üblich (4 bis 4,5 Sekunden) im Kreuzungsbereich aufgehalten. Er hätte die Kollision mit dem für ihn sichtbaren Bus bei rechtzeitiger Bremsung also vermeiden können. Zu guter Letzt war auch noch von einem Gelblichtverstoß des Klägers auszugehen. Die Abwägung der Verursachungsbeiträge auf Seiten des Beklagten (Rotlichtverstoß, überhöhte Geschwindigkeit und erhöhte Betriebsgefahr des Busses) und des Klägers (Gelblichtverstoß, längeres Aufhalten im Kreuzungsbereich infolge Wendemanövers) führte zu einer Haftungsverteilung von 4/5 zu Lasten des Beklagten und 1/5 zu Lasten des Klägers.
Hinweis: Ist ein Verkehrsunfall für keinen der Beteiligten unabwendbar, sind die jeweiligen Verursachungsbeiträge am Zustandekommen des Unfalls zu würdigen. Der Rotlichtverstoß des Busfahrers wiegt deutlich schwerer als der Gelblichtverstoß des Pkw-Fahrers.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 23.09.2025 - 10 U 213/22
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(aus: Ausgabe 12/2025)
Blaulicht und Sirene bedeuten Vollalarm und setzen die Rücksicht aller anderen Verkehrsteilnehmer voraus. Denn sie signalisieren, dass die sogenannte Wege- und Sonderrechte in Anspruch genommen werden. Wer sich weder an das signalisierte "Platz da, Menschen in Not" hält noch alle dazu notwendigen Vorsichtsmaßnahmen einhält, um weitere Gefahren abzuwenden, zieht im Schadensfall den Kürzeren. Das hat auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) so bewerten müssen.
Eine Frau war mit ihrem Auto auf einer Straße unterwegs, auf der ein Überholverbot galt. Sie verließ sich auf diese Beschilderung und wollte links in eine Tankstelleneinfahrt einbiegen. In genau diesem Moment wurde sie von einem Einsatzfahrzeug einer Hundestaffel überholt, das unter sogenanntem Vollalarm auf dem Weg zu einer Bombenentschärfung war. Dennoch knallte es, aber nun wegen der erfolgten Kollision der beiden Fahrzeuge. Die Autofahrerin war jetzt erwartungsgemäß der Ansicht, dass sie sich auf das Überholverbot habe verlassen dürfen, und forderte Schadensersatz. Ebenso zu erwarten war die Replik der Versicherung; die nämlich verweigerte die geforderte Zahlung unter Hinweis auf die Sonderrechte des Einsatzfahrzeugs.
Das OLG wies die Klage ab. Zum einen spreche der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig für ein Verschulden der Linksabbiegerin, wenn es zu einer Kollision kommt. Dieser Beweis war hier auch nicht durch das geltende Überholverbot erschüttert, denn die Frau hätte den Schulterblick machen müssen. Und natürlich waren dem Einsatzfahrzeug Sonderrechte eingeräumt, so dass es berechtigt war, gegen das Überholverbot zu verstoßen. Es war somit von einem alleinigen Verschulden der Autofahrerin auszugehen.
Hinweis: Das Einsatzfahrzeug war wegen der Alarmierung auf berechtigter Einsatzfahrt gewesen und daher von den Regeln der Straßenverkehrsordnung - insbesondere dem Überholverbot - befreit. Bei einer Einsatzfahrt dürften Fahrer grundsätzlich davon ausgehen, dass wegen der gebotenen Eile Sonderrechte in Anspruch genommen werden dürfen und diese auch beachtet werden.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 06.06.2025 - 7 U 87/24
| zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 12/2025)