Verkehrsrecht
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In all diesen Problembereichen sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Hierfür stehe ich als Fachanwalt für Verkehrsrecht gerne zur Verfügung.:
Zum Thema Verkehrsrecht
- Bei Weigerung: "Pappe weg!": MPU-Forderung nach nicht geahndeter Trunkenheitsfahrt laut Bundesverwaltungsgericht rechtens
- Kollision im Einsatz: Im innerstädtischen Bereich gilt keine Rettungsgassenpflicht
- Tiefergelegter Ferrari: Keine Haftung der Gemeinde für Straßenschäden
- Unklare Verkehrslage: Wer seine Sorgfaltspflicht außer Acht lässt, trägt eine Mitschuld
- Unzureichende Verkehrssicherung: Baumeigentümer haftet bei Astbruch nur sechs Monate nach einer Baumkontrolle
Wenn nach einer Trunkenheitsfahrt keine Ahndung der begangenen Ordnungswidrigkeit erfolgt ist, ist man noch lange nicht aus dem Schneider. Denn das folgende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zeigt, was passieren kann, wenn die Zuwiderhandlung mit hinreichender Gewissheit feststeht und sie in zeitlicher Hinsicht noch verwertbar ist.
Dem Kläger war 2008 und 2009 vom Strafgericht wegen Trunkenheitsfahrten mit Blutalkoholkonzentrationen (BAK) von 1,4 ‰ und 1,48 ‰ jeweils die Fahrerlaubnis entzogen worden. Aufgrund einer positiven Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) wurde ihm im Juni 2016 die Fahrerlaubnis wiedererteilt. Am 01.09.2017 wurde der Kläger als Führer eines Kraftfahrzeugs unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die bei ihm entnommene Blutprobe wies eine BAK von 1,04 ‰ auf. Der Kläger behauptete später, dass dies auf einem "Nachtrunk" beruht habe. Das gegen ihn eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde eingestellt und der Vorgang an die Bußgeldstelle abgegeben. Ob ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet wurde und wie es gegebenenfalls endete, konnte nicht festgestellt werden. Der Vorgang wurde bei der Bußgeldstelle aus datenschutzrechtlichen Gründen gelöscht. Mit Schreiben vom 09.05.2019 forderte der beklagte Landkreis die Vorlage einer erneuten MPU. Nachdem der Kläger das Gutachten nicht beibrachte, entzog ihm der Beklagte die Fahrerlaubnis.
Das BVerwG hat wie die Vorinstanz die dagegen gerichtete Klage zurückgewiesen, da eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gegeben war - auch wenn eine als Ordnungswidrigkeit einzustufende Trunkenheitsfahrt ordnungswidrigkeitsrechtlich nicht geahndet worden ist, aber mit hinreichender Gewissheit feststeht, dass der Betroffene die Zuwiderhandlung begangen hat und sie in zeitlicher Hinsicht noch verwertbar ist. Diese Voraussetzungen waren hier allesamt erfüllt. Dass das Oberverwaltungsgericht die Behauptung des Klägers, er habe den Alkohol erst nach Beendigung der Fahrt zu sich genommen, nicht als glaubhaft angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die Tilgungsfristen für geahndete Zuwiderhandlungen bestanden auch gegen die Verwertung der Trunkenheitsfahrt vom 01.09.2017 keine Bedenken.
Hinweis: § 13 Satz 1 Nr. 2 Fahrerlaubnis-Verordnung lautet: "Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn a) (...) sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen, b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. (...)" Das BVerwG hat nunmehr klargestellt, was unter einer solchen Zuwiderhandlung zu verstehen ist.
Quelle: BVerwG, Urt. v. 07.04.2022 - 3 C 9.21
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(aus: Ausgabe 06/2022)
Wissen Sie, wie man eine Rettungsgasse bildet? Und wie sieht es bei einem Notfall im innerstädtischen Bereich aus? Da gibt es nämlich Unterschiede. Im folgenden Fall war es am Landgericht Hamburg (LG), ebendiese nach einer Kollision eines im Einsatz befindlichen Funkwagens mit einem Pkw klarzustellen.
Ein Funkstreifenwagen näherte sich im Einsatz mit zugelassenen Sonderrechten (Blaulicht und Martinshorn) von hinten kommend einer Kreuzung. Er überholte die dort vor ihm haltenden Fahrzeuge links unter Benutzung der dortigen Sperrfläche. Eines der Fahrzeuge fuhr mit seinem Fahrzeug ein Stück nach links auf die Sperrfläche, um zwischen seinem und dem rechts von ihm befindlichen Fahrzeug eine "Rettungsgasse" zu bilden. Unmittelbar vor der Kreuzung kam es schließlich zur Kollision zwischen dem Funkstreifenwagen und dem Fahrzeug des späteren Klägers, bei der sein Fahrzeug im linken Seitenbereich und der Funkstreifenwagen im vorderen rechten Bereich beschädigt wurden. Der geschädigte Autofahrer war der Ansicht, keine Schuld an dem Unfall zu haben, da der Streifenwagen die Rettungsgasse hätte nutzen müssen, die extra gebildet worden sei. Die Versicherung des Streifenwagens verweigerte wiederum die Zahlung: Der Autofahrer habe erst kurz vor Ankunft des Einsatzwagens nach links gezogen, eine Kollision sei unvermeidbar gewesen.
Das LG entschied, dass der Autofahrer zu 60 %, der Streifenwagenfahrer zu 40 % hafte. Eine "Rettungsgasse" ist auf Autobahnen und Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung zu bilden. Diese Vorschrift gelte aber nicht für den innerstädtischen Verkehr. Hier gelten andere Maßstäbe. Im konkreten Fall sei anzunehmen, dass der Kläger zu dem Zeitpunkt seines Ausscherens nach links hätte erkennen können und müssen, dass sich das Einsatzfahrzeug bereits links eingeordnet hatte und durch die Benutzung der schraffierten Sperrfläche vorbeifahren wollte. Er hätte daher auf keinen Fall nach links ausscheren dürfen. Der Einsatzwagenfahrer sei hingegen für die konkrete Verkehrssituation - Befahren einer schraffierten Fläche im Kreuzungsbereich - zu schnell unterwegs gewesen. Auch im Einsatz müssen die öffentliche Sicherheit und Ordnung berücksichtigt werden.
Hinweis: Nach § 11 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung ist eine Rettungsgasse nur auf Autobahnen und Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrbahnen zu bilden. Die vom LG vorgenommene Haftungsverteilung ist daher nicht zu beanstanden.
Quelle: LG Hamburg, Urt. v. 18.02.2022 - 306 O 471/20
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(aus: Ausgabe 06/2022)
Wenn ein serienmäßig zugelassenes Fahrzeug auf einer Straße allein durch deren Befahren beschädigt wird, möchte man meinen, dass hier etwas mit der Bodenbeschaffenheit nicht gestimmt haben mag. Richtig, aber neben der Beschaffenheit des Straßenbodens nahm sich das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) auch die des Fahrzeugbodens vor. Und dieser lag für die infrage stehende Straße zu tief.
Ein Mann befuhr mit seinem serienmäßig tiefergelegten Ferrari F40 eine innerörtliche Seitenstraße. Hierbei soll es zu einem Aufsetzen des Fahrzeugs gekommen sein, so dass an dem Ferrari ein Sachschaden von ca. 60.000 EUR festgestellt wurde. Ursächlich für die Beschädigung sollen nach Behauptung der Klägerin - die Versicherung des tiefersitzenden Fahrzeughalters - ein nicht nur geringfügig herausstehender Kanaldeckel sowie ein seitliches Gefälle der Fahrbahn zur Fahrbahnrinne hin gewesen sein. Die Gemeinde sollte haften.
Das OLG hat die Klage jedoch abgewiesen, da keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vorlag. Maßnahmen des Verkehrssicherungspflichtigen sind dann nicht geboten, wenn Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung der Straße und Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit etwaige Schäden selbst abwenden können. Wird eine Gefährdung durch risikoerhöhende Umstände - wie die Tieferlegung des Fahrzeugs - wesentlich (mit-)begründet, muss der Fahrzeugführer dies durch erhöhte eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht kompensieren. Die Verkehrssicherungspflicht beinhaltet nicht die Pflicht, mit erheblichen Kosten für die Allgemeinheit dafür Sorge zu tragen, die Straße auch für "nicht alltagstaugliche" Fahrzeuge - wie einen Ferrari - gefahrlos nutzbar zu machen.
Hinweis: Unbeachtlich ist, dass das Fahrzeug serienmäßig tiefergelegt und für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassen war. Die Zulassung eines Sportfahrzeugs mit entsprechend geringer Bodenfreiheit beinhaltet nicht die Zusicherung, dass damit alle öffentlichen Straßen gefahrlos benutzt werden können.
Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 07.12.2021 - 12 U 1012/21
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(aus: Ausgabe 06/2022)
Einmal mehr zeigt der folgende Fall, dass eine unklare Verkehrslage alle Verkehrsteilnehmer zur erhöhten Vorsicht anhalten sollte. Denn nach Unfällen, die auf einer solchen Verkehrsituation beruhen, kommen Gerichte - wie hier das Oberlandesgericht München (OLG) - nicht umhin, zur Beantwortung der Schuldfrage den Taschenrechner herauszuholen. Denn nur einen Schuldigen gibt es in solchen Fällen meist nie.
Ein Autofahrer befuhr hinter einem Traktor eine Landstraße. Der Autofahrer setzte zum Überholen an, wobei er ignorierte, dass der Traktor seine Geschwindigkeit reduziert hatte und sich zur Mitte der Straße hin orientierte. Mit hoher Geschwindigkeit wollte der Mann den Traktor überholen, der in dem Moment unter Verstoß gegen die doppelte Rückschaupflicht abbog. Es kam zur Kollision. Der Traktorfahrer verlangte infolgedessen Schadensersatz, da der Verstoß des Pkw-Fahrers, bei unklarer Verkehrslage mit überhöhter Geschwindigkeit zu überholen, dessen alleiniges Verschulden bedeute. Die Versicherung des Pkw-Fahrers sah das jedoch anders und ging von einer Mitschuld des Traktorfahrers aus, da dieser nicht nach hinten geschaut habe - denn dann hätte er den Pkw gesehen und den Abbiegevorgang abbrechen können.
Das OLG entschied, dass den Autofahrer eine Haftungsquote von 2/3 treffe und der Traktorfahrer 1/3 zu tragen habe, da sich beide Beteiligten sorgfaltswidrig verhalten haben. Der Autofahrer hat mit viel zu hoher Geschwindigkeit überholt und die Hinweise auf ein Abbiegen des Traktors (Herabsetzen der Geschwindigkeit und Einordnung zur Straßenmitte) ignoriert. Dadurch habe er den Unfall überwiegend verursacht. Den Traktorfahrer trifft dabei ebenfalls ein Verschulden: Er hat es versäumt, die doppelte Rückschaupflicht durchzuführen. Wenn er diese beachtet hätte, hätte er den sehr schnell herannahenden Wagen gesehen und vom Abbiegen absehen können. Unter Berücksichtigung der erhöhten Betriebsgefahr eines Traktors sei eine Mithaftung von 1/3 angemessen.
Hinweis: Eine unklare Verkehrslage liegt vor, wenn der Überholende nach den objektiv gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf. Allein eine Verringerung der Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeugs reicht hierfür aber nicht aus. Selbst wenn die Fahrweise auf ein Linksabbiegen hindeutet, nimmt die herrschende Meinung noch keine unklare Verkehrslage an, solange das Richtungszeichen fehlt.
Quelle: OLG München, Urt. v. 09.03.2022 - 10 U 6476/21
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(aus: Ausgabe 06/2022)
Bäume sind für viele Menschen magische Wesen. Unergründlich erscheint jedoch auch Fachleuten zeitweise das Innere der schatten- und sauerstoffspendenden Gewächse zu sein, wie im folgenden Fall des Landgerichts Koblenz (LG). Denn hier ging es um eine im Rahmen der Verkehrssicherung erfolgte Kontrolle eines Baums, der kurz darauf einen seiner Äste auf einen Pkw abwarf. Wer dafür haftbar zu machen ist, lesen Sie hier.
Ein Autofahrer parkte seinen Wagen auf einem Parkplatz, der zu einem Kletterwald eines Stadtwalds gehörte. Als er zu seinem Auto zurückkam, stellte er fest, dass ein ca. vier Meter langer Ast von einem in unmittelbarer Nähe stehenden Baum abgebrochen war und seinen Pkw beschädigt hatte. Der Mann wandte sich an die Kommune und forderte Schadensersatz. Seiner Ansicht nach lag eine Verkehrssicherungspflichtverletzung vor. Die Versicherung verweigerte jedoch die Zahlung mit dem Hinweis, dass die letzte Baumkontrolle erst sechs Monate zurücklag und befundlos war.
Das LG entschied, dass von einer unzureichenden Kontrolle auszugehen ist, wenn so kurz nach der Sichtung ein großer Ast herabfällt. Es stelle auch kein allgemeines Lebensrisiko dar, dass bei einer Kontrolle ein versteckter abgestorbener Ast übersehen werden kann. Nach Ansicht des Revierförsters und eines Sachverständigen hätte ein solcher Zustand bei einer ordnungsgemäßen Kontrolle auffallen müssen. Daher sei hier nicht sorgfältig kontrolliert worden - eine klare Pflichtverletzung.
Hinweis: Der Verkehrssicherungspflichtige genügt seiner Überwachungs- und Sicherungspflicht, wenn er die Bäume an Straßen und Wegen in angemessenen Zeitabständen auf Krankheitsanzeichen untersucht und notwendige Pflegemaßnahmen vornimmt. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn vom Verpflichteten Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen.
Quelle: LG Koblenz, Urt. v. 15.02.2022 - 1 O 72/20
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 06/2022)