Verkehrsrecht
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Autokauf
Probleme bei dem An- oder Verkauf eines Pkws mit dem Vertragspartner?
Geschwindigkeitsverstöße, Abstand unterschritten,
rote Ampel, etc.?
Ihnen wird zur Last gelegt, eine Geschwindigkeitsüberschreitung oder einen anderen Bußgeld bewährten Verstoß begangen zu haben?
Verkehrsunfallabwicklung
Sie hatten einen Verkehrsunfall?
Fahrerlaubnis entzogen/droht eine MPU?
Es gibt Probleme mit Ihrem Führerschein?
In all diesen Problembereichen sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Hierfür stehe ich als Fachanwalt für Verkehrsrecht gerne zur Verfügung.:
Zum Thema Verkehrsrecht
- 174 Verkehrsordnungswidrigkeiten: Entzug der Fahrerlaubnis auch nach Bagatellverstößen möglich
- 200 EUR statt 320 EUR: Bußgeldreduzierung wegen beengter Wirtschaftsverhältnisse und gestiegener Energiekosten
- Haftungsprivilegierung: Auto überfährt Hund, verletzter Hund beißt zu: Wer haftet?
- Sonderfall im Bußgeldkatalog? Fahrzeugklasse "SUV" lässt keinen allgemeinen Rückschluss auf höhere Gefährdungslage zu
- Teure Sturheit: Mehr als 9.000 EUR Strafe für fortgesetztes Parken vor Nachbars Einfahrt
Bagatellen sind nur als solche anzusehen, wenn sie selten und vereinzelt auftauchen. Häufen sich Kleinigkeiten, kann aus deren Summe ganz schnell etwas Großes werden - so auch für scheinbar leidenschaftliche Parkverstoßer, wie das folgende Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin (VG) zeigt. Denn wer nicht willens scheint, sich an einfache Regeln des verkehrsrechtlichen Miteinanders zu halten, muss zu Recht seine Kraftfahreignung in Zweifel ziehen lassen.
Der Kläger war seit 1995 Inhaber einer Fahrerlaubnis. Im Juli 2021 erfuhr das Landesamt, dass gegen den Kläger innerhalb eines Jahres 174 Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren geführt worden waren - darunter 159 Parkverstöße und 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen. Nach Anhörung des Manns entzog die Behörde ihm daher die Fahrerlaubnis aufgrund fehlender Kraftfahreignung. Hiergegen wandte der Kläger ein, die Verstöße mit den drei auf ihn zugelassenen Fahrzeugen hätten andere Personen begangen. Gegen die Entscheidungen habe er lediglich keine Rechtsmittel eingelegt, um der Behörde Arbeit zu ersparen.
Diese plötzliche Rücksichtnahme konnte das VG dennoch nicht daran hindern, die Klage abzuweisen. Zu Recht ist die Behörde von einer mangelnden Fahreignung des Klägers ausgegangen. Zwar hätten dem Bagatellbereich zuzurechnende Verkehrsordnungswidrigkeiten bei der Prüfung der Fahreignung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben - anders ist dies aber, wenn ein Kraftfahrer offensichtlich nicht willens ist, im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffene bloße Ordnungsvorschriften zu beachten. Hier begründet bereits die Anzahl der - für sich genommen unbedeutenden - Verstöße, die nahezu ausnahmslos im Wohnumfeld begangen worden seien, Zweifel an der Eignung des Klägers.
Hinweis: Es kommt auch nicht darauf an, ob möglicherweise andere Familienangehörige für die Verstöße verantwortlich waren. Denn derjenige, der durch zahlreiche ihm zugehende Bußgeldbescheide erfährt, dass Personen, die sein Fahrzeug benutzten, laufend gegen Verkehrsvorschriften verstoßen, und dagegen nichts unternimmt, zeigt hierdurch charakterliche Mängel, die ihn selbst als einen ungeeigneten Verkehrsteilnehmer ausweisen.
Quelle: VG Berlin, Urt. v. 28.10.2022 - VG 4 K 456/21
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 01/2023)
Der folgende Fall, den das Amtsgericht Dortmund (AG) zu behandeln hatte, zeigt, dass Gerichte bei ihrer Urteilsfindung einen gewissen Spielraum haben. Strafe muss zwar schmerzen - sonst wäre sie ja keine -, sie sollte aber keine unverhältnismäßigen Konsequenzen nach sich ziehen. Um das Fahrverbot kam die betagte Verkehrssünderin dennoch nicht herum, doch lesen Sie selbst.
Eine Rentnerin fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit und wurde geblitzt. Sie überschritt hierbei die zugelassene Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um ganze 46 Stundenkilometer. Daher erging ein Bußgeldbescheid über 320 EUR sowie über zwei Punkte und einen Monat Fahrverbot. Die Betroffene bezweifelte jedoch die Richtigkeit der Beschilderung und legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein.
Das AG konnte die Richtigkeit der Beschilderung feststellen und verurteilte die Betroffene zu einer reduzierten Geldbuße von 200 EUR. Vom Fahrverbot wurde dabei nicht abgesehen, da das eine Verdoppelung der Geldbuße bedeutet hätte. Auch für einen sogenannten Härtefall gab es hier keinen Anhaltspunkt - das AG führte zum Thema Fahrverbot aus: "Rentner*innen sind ebenso wie etwa Arbeitslose und natürlich auch Beamt*innen grundsätzlich in keinster Weise auf die Existenz einer Fahrerlaubnis zwingend angewiesen." Bezüglich der Geldbuße urteilte das Gericht: "Angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse (800 EUR Rente) und von der Betroffenen dargestellter erheblicher Erhöhungen der derzeitigen Lebenshaltungskosten, insbesondere der Energiekosten, hat das Gericht die Geldbuße auf 200,- EUR abgesenkt."
Hinweis: § 17 Abs. 3 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten regelt, dass die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind, die den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters sind zu berücksichtigen. Das Gericht durfte also die Geldbuße im Hinblick auf die beengten wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen reduzieren.
Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 11.10.2022 - 729 OWi-262 Js 1751/22-110/22
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Die zeitlich exakte Abfolge ist vor Gericht oft entscheidend, wenn es darum geht, aufgrund kausaler Zusammenhänge das Geschehene zu bewerten. Genau das war die Aufgabe des Oberlandesgerichts Celle (OLG). Dabei ging es darum, wessen Haftung greift: Die des unfallverursachenden Fahrzeugführers oder die des daraufhin vom eigenen Hund verletzten Tierhalters?
Zwei befreundete Jäger verabredeten sich im Wald, um Holz für einen Hochsitz abzuladen. Der eine Jäger fuhr zu diesem Zweck mit seinem mit Holz beladenen Geländewagen an den geplanten Hochsitzstandort in den Wald. Dort wartete bereits der zweite Jäger mit seinem angeleinten Rauhaardackel. Beim Umsetzen seines Fahrzeugs überfuhr der Geländewagenfahrer den an einer langen Leine geführten Dackel. Dessen Herrchen eilte herbei und hob seinen Dackel auf - in der traurigen Erwartung, dass dieser tot sei. Doch dann biss der Dackel zu, und sein Halter erlitt infolgedessen erhebliche Verletzungen am Handgelenk. Seine Krankenversicherung forderte schließlich die Erstattung der Behandlungskosten von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Ihrer Ansicht nach war der Unfall ursächlich für die Verletzung. Das sah die Versicherung anders: Es habe sich die tiertypische Gefahr verwirklicht, die dem vorherigen Unfall nicht zuzurechnen sei.
Das OLG gab der Krankenversicherung dennoch recht. Nach Ansicht des Gerichts hat sich der Unfall "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" ereignet. Der Biss stehe in einem nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem vorhergehenden Überfahren des Tiers. Der Hund habe sein Herrchen nicht anlasslos gebissen, sondern aufgrund des zuvor geschehenen Unfallereignisses. In dieser Ausnahmesituation habe der Hund schockbedingt nicht mehr zwischen freundlicher und feindlicher Handlung unterscheiden können. Der Hundehalter habe auch nicht damit rechnen müssen, gebissen zu werden, da er den Hund für tot hielt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei es nicht unwahrscheinlich, dass ein kleiner Rauhaardackel nicht überlebt, wenn er von einem tonnenschweren Fahrzeug überrollt wird.
Hinweis: Die Richter mussten im zu entscheidenden Fall eine Abwägung der "Gefahren" vorzunehmen. Zum einen war die von dem Geländewagen ausgehende Betriebsgefahr zu berücksichtigen - auf der anderen Seite die vom Dackel ausgehende Tiergefahr. Diese kann allerdings in der Abwägung als erhöht angesehen werden, wenn dem Hundehalter ein Verschulden nachzuweisen ist. In der Abwägung hat das OLG die Betriebsgefahr des Kfz höher bewertet als die Tiergefahr, weil das Kfz die erste Ursache mit dem Unfall gesetzt hat und der Hundebiss sich als Reaktion darauf darstellt. Ein Verschulden des Hundehalters war nicht erkennbar.
Quelle: OLG Celle, Urt. v. 05.10.2022 - 14 U 19/22
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Das gute "Sport Utility Vehicle" - kurz SUV - spaltet die Gesellschaft wie kaum eine vorige Bauklasse unter den Kraftfahrzeugen. Entsprechend groß war das Interesse an einem Fall, den auch wir in der Vorinstanz bereits in unserer Septemberausgabe 2022 behandelt hatten: Dort hatte das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) den Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt und dabei die vom Bußgeldkatalog vorgesehene Regelbuße von 200 EUR auf 350 EUR erhöht. Nun war das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit dem Fall in zweiter Instanz befasst.
Zur Begründung hatte das AG unter anderem auf die größere abstrakte Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug verwiesen. Die kastenförmige Bauweise und die hohe Frontpartie erhöhten bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer. Doch eben diese sehr allgemein gehaltene Argumentation war hier der Knackpunkt. Die Rechtsbeschwerde gegen die den Regelsatz übersteigende Geldbuße in Höhe von 350 EUR sowie das verhängte einmonatige Fahrverbot hatte im Ergebnis vor dem OLG zwar keinen Erfolg, da der Betroffene hier nicht zum ersten Mal auffällig wurde - nach den Ausführungen des Senats rechtfertigt allerdings die vom AG vorgenommene Argumentation keine Erhöhung der Regelbuße.
Der Bußgeldkatalog dient der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleich gelagerter Sachverhalte. Er soll eine Schematisierung herbeiführen, so dass grundsätzlich besondere Umstände des Einzelfalls zurücktreten. Nur ein deutliches Abweichen vom Normalfall rechtfertige deshalb eine Abweichung vom Bußgeldkatalog. Die Feststellung solcher außergewöhnlichen Umstände bedarf einer über die Benennung eines diffusen Fahrzeugtyps oder Modells hinausgehenden Betrachtung des Einzelfalls. Da die Gruppe der SUV sehr heterogen ist, erscheint zudem ein Schluss von der Gruppenzugehörigkeit auf gefahrrelevante Umstände nicht möglich. Schließlich ist die vom AG angenommene erhöhte Verletzungsgefahr nicht allgemeinkundig, sondern Gegenstand von Untersuchungen mit diametralen Ergebnissen.
Hinweis: Die Regelbuße beziehe sich auf einen nicht vorgeahndeten Betroffenen. Daher war hier die verhängte Geldbuße im Ergebnis gerechtfertigt - und zwar wegen der gravierenden Vorbelastung des Betroffenen.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 29.09.2022 - 3 Ss-OWi 1048/22
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Der folgende Fall ist ein Beispiel für die alte Weise "Wer nicht hören will, muss fühlen". Was den Beklagten hier zu seinem Verhalten trieb, blieb zumindest gerichtlich ein Rätsel. Da es hierbei aber nicht um seine Motivation ging, sondern um das Ahnden einer zuvor durch gerichtlichen Vergleich angedrohten Konsequenz, war die Urteilsfindung durch das Oberlandesgericht Dresden (OLG) recht schlüssig.
Einmal mehr standen sich in diesem Fall zwei Nachbarn im Streit gegenüber. Der eine parkte sein Fahrzeug häufig vor der Einfahrt des anderen, beide wohnten in einer recht schmalen Straße gegenüber, beide Grundstücke verfügten über eine Einfahrt. Die Tatsache, dass sich der eine Nachbar häufig vor die Einfahrt des anderen stellte, führte zu einem Streit, der durch einen gerichtlichen Vergleich zunächst beendet wurde. Dem einen Nachbarn wurde gestattet, sein Auto täglich bis zu fünfmal für maximal zehn Minuten auf der Straße vor der Grundstückseinfahrt des anderen Nachbarn abzustellen. Bei einem längeren Zeitraum wurde eine Vertragsstrafe in Höhe von 150 EUR pro Verstoß fällig. Es kam, wie es kommen musste, um hier darüber zu berichten: Der Falschparker war durch den Vergleich wenig beeindruckt und setzte sein bisheriges Parkverhalten fort. Diese Verstöße dokumentierte der Betroffene und kam auf 83 Verstöße. Da sich der Nachbar weigerte zu zahlen, klagte der Nachbar das Geld ein.
Das OLG verurteilte den Falschparker konsequenterweise zu einer Vertragsstrafe von 9.300 EUR. Acht Verstöße sah das Gericht dabei nicht als erwiesen an, für den Rest musste der Nachbar zahlen.
Hinweis: Weshalb der betagte Beklagte sein Parkverhalten trotz guten Zuredens durch das Gericht nicht änderte und es vorzog, in regelmäßigen Abständen zu hohen Vertragsstrafen verurteilt zu werden, weiß wohl niemand außer ihm selbst.
Quelle: OLG Dresden, Urt. v. 18.10.2022 - 6 U 580/22
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(aus: Ausgabe 01/2023)