Verkehrsrecht
Wir vertreten Sie im Verkehrsrecht:
Autokauf
Probleme bei dem An- oder Verkauf eines Pkws mit dem Vertragspartner?
Geschwindigkeitsverstöße, Abstand unterschritten,
rote Ampel, etc.?
Ihnen wird zur Last gelegt, eine Geschwindigkeitsüberschreitung oder einen anderen Bußgeld bewährten Verstoß begangen zu haben?
Verkehrsunfallabwicklung
Sie hatten einen Verkehrsunfall?
Fahrerlaubnis entzogen/droht eine MPU?
Es gibt Probleme mit Ihrem Führerschein?
In all diesen Problembereichen sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Hierfür stehe ich als Fachanwalt für Verkehrsrecht gerne zur Verfügung.:
Zum Thema Verkehrsrecht
- Abstrakte Verwechslungsgefahr: Selbstgefertigte Tempo-30-Schilder im Eilverfahren für unzulässig erklärt
- Fingiert oder nicht? Versicherung muss mutmaßliche Vortäuschung eines Unfalls beweisen können
- Messverfahren durch Verfolgung: Grundlagen der Geschwindigkeitsmessung müssen dem Urteil zu entnehmen sein
- Nachweispflicht: Ein totes Reh vor der Motorhaube macht noch lange keinen Wildunfall
- Sturz im Bus: Vernachlässigung der Eigensicherung kostet den Schmerzensgeldanspruch
Auf Wut mit "Dann mal dir doch ein Schild!" zu reagieren, mag auf Kundgebungen helfen - im Alltag ist von dieser Problemlösung jedoch abzuraten. Denn dass für Beschilderungen im öffentlichen Raum Eigeninitiative weniger gefragt ist, sollte klar sein. Zu viel spricht dagegen - so auch das Verwaltungsgericht Freiburg (VG), das im Eilverfahren entscheiden musste.
Anwohner einer innerörtlichen Straße mit der geltenden Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h hatten selbstgebastelte Tempo-30-Schilder aufgestellt. Die runden Schilder zeigten die 30 in rot-grüner Umrandung, fünf laufende Kinder als Schattenbilder und das Wort "freiwillig". Das Landratsamt forderte die Betroffenen auf, die Schilder wegen Verwechslungsgefahr zu entfernen. Gegen den Bescheid klagten die Betroffenen im Eilverfahren.
Erwartungsgemäß entschied das VG, dass die Schilder zu entfernen seien. Die Gestaltung ermögliche es nicht, auf den ersten Blick zu erkennen, dass es sich um private Schilder handele. Die runde Form, die Größe und die Verwendung der Farbe Rot legten eine Verwechslung nahe - insbesondere bei fremdsprachigen Fahrern, die das Wort freiwillig unter Umständen nicht kennen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die automatischen Fahrerassistenzsysteme von Fahrzeugen des Landratsamts nach Erfassung des Schilds durchaus Tempo 30 anzeigten, was wiederum die Gefahr berge, dass dadurch unterschiedliche Tempi gefahren werden würden. Und dies stelle eben ein Sicherheitsrisiko dar, das den Verkehrsfluss beeinträchtige.
Hinweis: Es handelt sich um eine Entscheidung im Eilverfahren, eine Hauptsacheentscheidung steht noch aus. Ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, beurteilt sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nach dem Gesamtbild des Schilds, wie es sich einem flüchtigen Betrachter darstellt. Für die Möglichkeit der Verwechslung besteht eine erforderliche, aber auch genügende abstrakte Gefahr, die hier angenommen wurde.
Quelle: VG Freiburg, Beschl. v. 08.08.2024 - 6 K 2026/24
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Der eine sagt so, der andere sagt so - das ist auch bei der Untersuchung eines Unfalls Alltag. Schließlich muss den Beteiligten unterstellt werden, nicht täglich mit derart ungewöhnlichen Umständen konfrontiert zu werden. Das sah ein Versicherer aber anders, weshalb die Beteiligten eines Verkehrsunfalls vor dem Landgericht Lübeck (LG) landeten.
Der Sohn des Klägers hatte im Haus seiner Eltern eine Party veranstaltet, bei der auch die Freundin des Beklagten zu Gast war. Eben dieser Beklagte wollte sie mit dem (bei der ebenfalls mitverklagten Haftpflichtversicherung) versicherten Auto abholen. Sie wartete gemeinsam mit einer weiteren Zeugin an der Haustür, während der Beklagte das Auto holte. Er fuhr rückwärts vor das Haus und kollidierte dabei mit dem geparkten Fahrzeug des Klägers. Der Kläger hat die mitverklagte Haftpflichtversicherung daraufhin vergeblich zum Schadensersatz aufgefordert. Die Versicherung meinte nämlich, der Beklagte sei in Absprache mit dem Gastgeber absichtlich gegen dessen Auto gefahren, um die Versicherungssumme zu kassieren.
Das LG entschied nun, dass die Versicherung die Schäden ersetzen muss. Meint die Haftpflichtversicherung, der Unfall sei abgesprochen gewesen, muss sie beweisen, dass der Geschädigte mit der Beschädigung einverstanden gewesen sei. Derartiges konnte die Versicherung hier jedoch nicht beweisen. Im Streitfall wurden der Fahrer und weitere Partygäste zu dem Vorfall befragt und ein technischer Sachverständiger hinzugezogen. Daraus hat sich nach dem Gericht ergeben, dass der Fahrer aus Versehen gegen das Auto des Klägers gefahren sei und es keine Verabredung zu einem fingierten Unfall gegeben habe. Das Gericht wies dabei auch darauf hin, dass teilweise widersprüchliche Unfalldarstellungen nicht unbedingt für eine erfolgte Absprache sprechen.
Hinweis: Bei Verdacht auf ein fingiertes Unfallereignis kann der vom Kfz-Haftpflichtversicherer zu erbringende Nachweis im Rahmen des sogenannten Indizienbeweises geführt werden. Dieser Beweis ist bereits dann geführt, wenn sich eine Häufung von Umständen und Beweiszeichen findet, die in der Gesamtschau nach richterlicher Überzeugung darauf hindeutet. Typische Beweisanzeichen können sich aus dem Unfallhergang, der Art der Schäden, der Art der beteiligten Fahrzeuge, dem Anlass der Fahrt, fehlender Kompatibilität, persönlichen Beziehungen oder den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien ergeben.
Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 26.09.2024 - 3 O 193/22
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Messdaten sind nur dann objektiv, wenn ihnen exakt definierte Eckpunkte zugrunde liegen, anhand derer die Ergebnisse bewertet werden können. Dies veranlasste kürzlich das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG), einen Fall an das Amtsgericht (AG) zurückzuverweisen, dessen Urteil die erforderlichen Messdetails zu einer Geschwindigkeitsübertretung nicht zu entnehmen waren.
Das AG verurteilte einen Autofahrer wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 53 km/h sowie um 46 km/h zu einer Geldbuße von 640 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot. Dagegen legte der Mann Rechtsbeschwerde ein und berief sich darauf, dass weder die nachgefahrene Strecke noch ein angemessener Toleranzabzug nachgewiesen seien.
Das OLG gab dem Mann recht. Zwar sei die Messung mit dem Messgerät (ProVida 2000/Vidista) ein standardisiertes Messverfahren. Aus dem amtsgerichtlichen Urteil müsse sich aber ergeben, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Geschwindigkeitsmessung beruhe. Dazu gehören insbesondere Angaben darüber, ob die Messung durch elektronische Aufzeichnungen oder durch Ablesen, durch stationäre Geräte oder aus einem fahrenden Fahrzeug heraus erfolgte, wie lang die Verfolgungsstrecke und der Abstand des Polizeifahrzeugs zu dem verfolgten Fahrzeug des Betroffenen waren, und welcher Toleranzabzug bei der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung vorgenommen worden sei. Diesen Anforderungen genügte das angefochtene Urteil nicht. Es enthielt weder Feststellungen zum Abstand des Polizeifahrzeugs zu dem verfolgten Auto des Betroffenen noch einen bei der Geschwindigkeitsmessung berücksichtigten Toleranzabzug. Die Sache wurde durch das OLG daher an das AG zurückverweisen.
Hinweis: Ein Geschwindigkeitsverstoß kann durch Nachfahren nur bewiesen werden, wenn die Messstrecke ausreichend lang ist, ein gleichbleibender nicht zu großer Abstand zwischen Messfahrzeug und gemessenem Fahrzeug besteht, der Tachometer möglichst justiert/geeicht ist und die abgelesene Geschwindigkeit auf dem Tachometer des nachfahrenden Fahrzeugs die zulässige Höchstgeschwindigkeit so erheblich übersteigt, dass trotz Fehlerquellen und Ungenauigkeiten des Messverfahrens der Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung mit Sicherheit gerechtfertigt ist.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 15.07.2024 - 1 ORbs 144/24
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Autofahrer müssen nach einem Wildunfall für Ansprüche gegen die Kaskoversicherung den Nachweis führen, dass das Wildtier für die Schäden ursächlich war. Das Amtsgericht München (AG) hatte eine derartige Klage gegen einen Kfz-Versicherer zu bewerten. Und siehe da: Obwohl ein Reh beim verunfallten Pkw lag, konnte das Sachverständigengutachten den behaupteten Unfallhergang nicht bestätigen. Das hatte seine Gründe.
Der Kläger machte gegen eine Versicherung nach einem behaupteten Wildunfall aus einem Kaskoversicherungsvertrag eine Entschädigung von 2.730 EUR sowie Abschleppkosten von 223,23 EUR geltend. Der Kläger trug vor, er sei im März 2021 gegen 21:30 Uhr auf einer abschüssigen, ländlichen Straße in Nordrhein-Westfalen gefahren. In einem Kurvenbereich sei ihm plötzlich ein Reh auf die Motorhaube gesprungen, weshalb er nichts mehr gesehen und die Kontrolle über das Fahrzeug verloren habe. Er sei zweimal gegen die rechte Leitplanke gestoßen. Nach dem Stillstand sei das Reh schließlich von der Motorhaube gerutscht. Der Kläger habe nach dem Unfall die Polizei verständigt, bei deren Ankunft das tote Reh noch an besagter Stelle lag. An dem Pkw sei ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden. Die Versicherung verweigerte jedoch eine Regulierung des Schadens mit der Begründung, dass sich mit Ausnahme des toten Rehs keine Anzeichen für einen Wildunfall finden ließen.
Das AG hat die Klage tatsächlich abgewiesen, da es nach Durchführung der Beweisaufnahme den Nachweis, dass das Reh für den Unfall ursächlich war, als nicht geführt ansah. Das unfallanalytische Sachverständigengutachten konnte zwar einzelne Schäden dem Kontakt mit einer Leitplanke vor Ort zurechnen - nicht jedoch alle insoweit maßgeblichen Beschädigungen an dem Fahrzeug. Anknüpfungspunkte, dass es zu einer Anstoßsituation mit einem Reh gekommen ist, hatten sich aus technischer Sicht nicht ergeben. Der Kläger konnte keinen Zeugen vorweisen, der den Unfallhergang beobachtet hatte, habe auch keine Fotos am Unfallort gefertigt oder von den Polizeibeamten fertigen lassen. Außerdem hatte er das Fahrzeug verkauft, das anschließend verschrottet wurde. Insofern hatte er vereitelt, dass ein Gerichtssachverständiger weitere Überprüfungen vornehmen konnte. Nachdem der Kläger Ansprüche gegen seine Versicherung geltend machen wollte, hätte es ihm oblegen, entsprechende Beweise zu sichern. Der Kläger hatte nach eigenen Angaben innerhalb von zwei bis drei Jahren stolze zehn Wildunfälle gehabt und Ansprüche gegenüber unterschiedlichen Versicherungen geltend gemacht, da er die Versicherungen gewechselt hatte. Die Aussagen des Klägers waren in Anbetracht der oben geschilderten Ausführungen nicht ausreichend, um nachzuweisen, dass der geltend gemachte Schaden darauf zurückzuführen sei, dass ein Reh auf seiner Motorhaube zum Liegen kam und er zweimal ohne sein eigenes Verschulden eine Leitplanke berührt habe.
Hinweis: Der Versicherungsnehmer hat den Vollbeweis dafür, dass ein Zusammenstoß mit einem Tier erfolgt ist, zu erbringen. Er muss also beweisen, dass es zu einem Zusammenstoß zwischen dem in Fahrt befindlichen versicherten Fahrzeug und einem Tier gekommen ist. Er muss auch darlegen und beweisen, dass bei diesem Zusammenstoß diejenigen Schäden entstanden sind, für die er die Versicherungsleistung geltend macht.
Quelle: AG München, Urt. v. 22.08.2024 - 123 C 13553/23
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(aus: Ausgabe 01/2025)
Wer sich im öffentlichen Raum bewegt, sollte immer ein Auge auf seine Umgebung und eines auf das eigene Verhalten gerichtet haben. Da man das Verhalten Fremder nämlich nicht erahnen kann, legen Gerichte darauf Wert, dass man stets für ein Mindestmaß an Eigensicherung sorgt, um Kollisionen sämtlicher Art zu umgehen. So ist das Urteil des Amtsgerichts München (AG) einem im Bus gestürzten Fahrgast gegenüber nur folgerichtig.
Der 76-Jährige fuhr in einem Linienbus und hielt sich mit einer Hand an der Haltestange fest, während die andere Hand auf seinem Trolley lag. Als der Bus auf der Rechtsabbiegespur auf eine rote Ampel zufuhr, wechselte ein Pkw kurz vor ihm auf dieselbe Abbiegespur, woraufhin der Busfahrer eine Vollbremsung durchführte. Der Fahrgast verlor das Gleichgewicht, konnte sich nicht halten und stürzte. Dabei verletzte er sich und forderte von der Haftpflichtversicherung des Autofahrers Schmerzensgeld. Diese lehnte ab und war der Ansicht, dass der Geschädigte den Schaden selbst verschuldet hatte, weil er sich nicht ordentlich festgehalten habe.
Das AG gab der Versicherung recht. Das Gericht ging zwar davon aus, dass die Fahrweise des Autofahrers zum Sturz des Mannes beigetragen habe und dass die Straßenverkehrs-Ordnung ihm für den Spurwechsel ein Höchstmaß an Sorgfaltspflicht auferlege, gegen die er verstoßen habe. Ein Fahrgast sei jedoch stets verpflichtet, sich im Linienbus einen festen Halt zu verschaffen. Die von dem Mann eingenommene stehende Position war nicht geeignet, um bei einer Bremssituation gesichert zu sein. Im vorliegenden Fall waren sowohl Sitzplätze frei als auch die Haltestange mit beiden Händen greifbar gewesen. Es ist zudem im Stadtverkehr mit plötzlichen Bremsmanövern zu rechnen. Dabei ist die Sicherung mit nur einer Hand ungeeignet, ruckartige Bewegungen auszugleichen. Das Ablegen der anderen Hand auf dem Trolley war eher eine zusätzliche Gefährdung als eine Sicherung. Das Verschulden des Fahrgasts ist daher als so hoch anzusetzen, dass die Versicherung des Pkw-Fahrers nicht hafte.
Hinweis: Der Fahrer eines Linienbusses darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Fahrgäste entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 14 Abs. 3 Nr. 4 Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr selbst dafür sorgen, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. Dem Fahrgast eines Linienbusses obliegt es daher, für seine Sicherheit selbst zu sorgen, einen Sitzplatz - soweit dies möglich ist - einzunehmen und sich ausreichend Halt zu verschaffen. Jeder Fahrgast ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, dass er durch typische und zu erwartende Bewegungen eines Fahrzeugs nicht zu Fall kommt. Kommt es bei einem stehenden Fahrgast zu einem Sturz - etwa im Rahmen eines Anfahr- oder Abbremsvorgangs des Busses -, trifft ihn regelmäßig die Alleinhaftung für das Sturzgeschehen. Gegen ihn spreche dann bereits der Beweis des ersten Anscheins.
Quelle: AG München, Urt. v. 18.10.2024 - 338 C 15281/24
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(aus: Ausgabe 01/2025)